Viele Krankenhäuser in Deutschland sind gezwungen, am Pflegepersonal zu sparen, während sich gleichzeitig die Patientenfrequenz erhöht. Ein Grund dafür liegt – natürlich – im lieben Geld. Krankenhäuser kompensieren fehlende Mittel für Investitionen, die von den Bundesländern finanziert werden sollen, durch Einsparungen im laufenden Betrieb. Der Gesetzgeber reagiert darauf nun mit Pflegeuntergrenzen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Politik muss das Problem gleichzeitig aber auch strukturell angehen und ein nachhaltigeres Finanzierungsmodell entwickeln.
Das Märchen von der „dualen Krankenhausfinanzierung“
In Deutschland ist die sogenannte „duale Finanzierung“ von Krankenhäusern gesetzliche Grundlage – und das schon seit den 70er Jahren, als 1972 das Krankenhausfinanzierungsgesetz die Bundesländer verpflichtete, sich an der Finanzierung der Krankenhäuser zu beteiligen. Laut § 4 des KHG wird zwischen Betriebskosten und Investitionskosten unterschieden – letztere sollen dabei von den Ländern getragen werden, die Betriebskosten decken sich durch die Pflegesätze der Kostenträger. Soweit die Theorie. Dann ist ja alles in Butter, oder? Nicht ganz, denn einige Länder halten sich nicht an ihren Teil des Deals und kommen seit Jahren ihrer Pflicht zur Finanzierung der Investitionskosten nicht oder nur unzureichend nach.
Irgendwo muss das Geld ja herkommen
Durch die dauerhaft unzureichende Förderung dieser Länder entstand mit den Jahren in vielen Krankenhäusern ein regelrechter Investitionsstau, der sich heute bundesweit auf etwa 30 bis 50 Milliarden Euro beläuft. Und ein Ende ist nicht in Sicht: Schätzungsweise werden die ohnehin schon geringen Fördermittel der Länder noch weiter schrumpfen, angesichts der bundesweiten Schuldenbremse, die bis 2020 vollständig Anwendung finden soll.
Um die finanzielle Schräglage zu kompensieren, decken Krankenhäuser ihre Investitionskosten zum Teil durch Erlöse aus den Krankenhausbehandlungen. Dadurch findet de facto eine Quersubventionierung der Haushalte der Länder aus Mitgliedsbeiträgen der gesetzlich Krankenversicherten statt. Um die Betriebsmittel zu erhöhen und aus den Entgelten ihre Investitionen decken zu können, haben Krankenhäuser in den letzten Jahren vor allem an der Mengensteigerung und Pflegepersonalreduzierung geschraubt.
Das heißt: Mehr Patienten bei weniger Personal. Dass diese Rechnung zum Leidwesen der Patienten und Beschäftigten aufgeht und letzten Endes Einbußen in der Versorgungsqualität mit sich zieht, ist mehr als offensichtlich.
Pflegepersonaluntergrenzen – ein Ende der Abwärtsspirale?
Damit sich die Abwärtsspirale nicht weiter nach unten dreht und die Situation früher oder später eskaliert, reagiert nun der Gesetzgeber: Der neue § 137i des SGB V legt die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen fest, etwa in Intensivstationen oder im Rahmen des Nachtdienstes. Dabei geht der Blick durchaus über die Landesgrenzen hinaus: „Die Erfahrungen, die in anderen Staaten mit Personalmindeststandards gemacht worden sind, zeigen, dass diese eine wichtige Voraussetzung zur Entlastung des Pflegepersonals in Krankenhäusern sind“, heißt es in der Begründung des Gesetzgebers im Änderungsantrag.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Das geht schon alles in eine gute Richtung, aus Sicht der TK noch nicht weit genug. Konsequent wäre, die Problematik an der Wurzel zu bekämpfen und sich die Ursachen vorzunehmen. Aber wie kann das konkret aussehen? Einen Vorschlag zu einer regelhaften Finanzierungskomponente durch die Kostenträger (Teilmonistik) hat die TK vor kurzem in ihren gesundheitspolitischen Forderungen formuliert und fordert ein neues Konzept der Krankenhausinvestitionsfinanzierung: Die Investitionsfinanzierung der bisherigen pauschalen Fördermittel soll auf einer objektiven und bundesweit vergleichbaren Basis erfolgen. Die staatliche Förderung wird somit durch die Kostenträger unterstützt. Dabei muss den Krankenkassen das Recht zur Mitgestaltung an der Krankenhausplanung der Länder eingeräumt werden. Der Sicherstellungsauftrag bleibt aber weiter bei den Bundesländern.
Es muss verhindert werden, dass die Länder ihre Fördermittel an die Krankenhäuser weiterhin zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zurückfahren. Denn wer A sagt, muss auch B sagen: Das Modell der dualen Krankenhausfinanzierung funktioniert nur, wenn auch tatsächlich die beteiligten Akteure ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Ein Ungleichgewicht in der Krankenhausfinanzierung ist am Ende in der Qualität der Versorgung am stärksten spürbar. Und das ist für die TK ein „Dealbreaker“.
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Das Positionspapier der TK „Im Krankenhaus für ausreichend Pflegepersonal und Investitionen sorgen“ finden Sie in unserem Portal „Presse & Politik“.