Laura Hassinger

Intelligente Gesundheitsnetze – spinnen (wir) die?

Schnell und einfach durchs Gesundheitssystem navigieren, die wichtigsten Infos immer griffbereit – das funktioniert nur über gute Vernetzung in einem digitalen Ökosystem. Wie sie gelingen kann, haben Lena-Sophie Müller von der Initiative D21 und TK-Chef Dr. Jens Baas mit Moderatorin Tijen Onaran auf der re:publica 2019 diskutiert.

„Ich wünsche mir ein digitales Gesundheits-Ökosystem, in dem ich von allen Geräten einen sicheren Zugriff auf alle meine Daten habe und meinem Arzt eine bestimmte Auswahl davon freigeben kann. In diesem Ökosystem werden Doppeluntersuchungen vermieden und Informationen sinnvoll verknüpft, um meine medizinische Versorgung zu verbessern.“ So fasste Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, ihre Zukunftsvision zusammen.

Dass sie mit diesen Wünschen nicht alleine dasteht, bestätigten die über 100 re:publica-Besucher, die die Diskussion zwischen Müller und TK-Chef Baas lebhaft verfolgten. Inhalte müssen heute schnell konsumierbar und, noch wichtiger, teilbar sein. Am liebsten auf dem Smartphone, gebündelt in einer App. Und das natürlich so sicher wie möglich. Dadurch befinden wir uns permanent in einem Spannungsfeld zwischen Usability und Datenschutz. Doch wie stark können Daten geschützt werden, ohne dass sie praktisch nicht mehr nutzbar sind?

Convenience schlägt Datenschutz

Für Baas war klar: Wenn wir die digitalen Chancen nutzen, können wir das Gesundheitswesen in vielen Punkten entscheidend verbessern. Im internationalen Vergleich aber hinkt Deutschland stark hinterher. Warum? Zu viele Leute haben sich im bestehenden System gut eingerichtet und wollen dementsprechend nicht, dass sich etwas ändert, so Baas. Gleichzeitig steigt der Bedarf nach unkomplizierten und transparenten Lösungen in der Bevölkerung. Baas ist sich sicher: Wenn wir diese nicht bereitstellen, tun es die Tech-Riesen – jedoch unter weniger strengen und qualitätsgesicherten Auflagen als beispielsweise eine gesetzliche Krankenversicherung.

Digital ist nicht unbedingt unsicherer

Kommunikation, Beziehungen, das Zuhause, Mobilität, Arbeiten und viele weitere Bereiche werden bereits mithilfe virtueller Assistenten von Amazon, Google & Co. unterstützt. Diese Anbieter haben nicht nur eigene Produkte, sondern sind vor allem als Vermittler tätig und bieten bequeme Services. Der zum Teil freizügige Umgang mit persönlichen Daten wird hier längst nicht so kritisch hinterfragt wie im Gesundheitswesen. Ebenso wenig die bisherige Kommunikation von Ärzten und Kliniken via Fax oder Brief. Würden diese durch digitale Wege abgelöst, entstünden keine neuen Sicherheitsrisiken, sondern bestehende könnten behoben werden.

Elektronische Gesundheitsakte stärkt Patientenpower

Die elektronische Gesundheitsakte ist wie eine große Straße: Wir im Gesundheitswesen müssen uns einig sein, diese gemeinsam bauen zu wollen, auch wenn später unterschiedliche Autos darauf fahren.

TK-Chef Dr. Jens Baas

Ein Beispiel für die Vorteile digitaler Lösungen ist die elektronische Gesundheitsakte TK-Safe. Darin können Versicherte Ihre Gesundheits- und Krankheitsdaten an einem zentralen Ort speichern. Nur sie selbst haben Zugriff und entscheiden allein, welche Informationen Sie speichern oder weitergeben möchten.

Entscheidend ist jedoch auch hier die Vernetzung mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen, also mit Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken und anderen Dienstleistern. Nur so können den Versicherten möglichst viele ihrer Daten bereitgestellt werden. Das stärkt nicht nur ihre persönliche Souveränität, sondern unterstützt auch die behandelnden Ärzte und Co., etwa bei Diagnosestellung und Therapiewahl.

Gesundheitsnetze brauchen politischen Rahmen

„Die Politik ist gefragt, die Rahmenbedingungen für digitale Innovationen im Gesundheitswesen zu schaffen“, so Baas. Müller ergänzte: Vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, um Innovationen voranzutreiben, sei das eine. Andererseits habe die Politik auch eine Schutzfunktion und müsse prüfen, dass diese Bedingungen eingehalten werden. Sie trage die Verantwortung, das Fundament für ein langfristig modernes und dynamisches Gesundheitssystem zu legen.



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