Die Reformfabrik von Jens Spahn läuft auf Hochtouren. Das wird sich wohl auch 2020 nicht ändern. Gut so – vor allem in Sachen Digitalisierung. Viel zu lange hat das deutsche Gesundheitswesen im Dornröschen-Schlaf die Digitalisierung verpasst. Nicht zuletzt mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) startet die Aufholjagd.
Wenn das DVG beginnt, seine Wirkung zu entfalten, könnte 2020 ein Jahr der Digitalisierung werden: Der Marktzugang für digitale Gesundheitsanwendungen wird erleichtert und Innovationen können stärker gefördert werden, um nur zwei Aspekte zu nennen. Die Digitalisierung hat damit endlich eine Chance, den Versorgungsalltag der Menschen zu verbessern. Im Vordergrund steht aber das größte Digital-Projekt: Der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA).
Einführung der elektronischen Patientenakte
Die Bundesregierung hat dafür eine einheitliche technologische Basis geschaffen. Mit dem DVG werden Vertragsärzte und Krankenhäuser verpflichtet, „ePA-ready“ zu sein. Das Gesetz zielt auch darauf ab, mehr Leistungserbringer, zum Beispiel in der Pflege, an die Telematik-Infrastruktur anzuschließen.
Für uns Krankenkassen geht es nun mit Hochdruck an die Umsetzung der digitalen Akte, damit der Starttermin 2021 gehalten werden kann.
Bremsen wir unsere Ambitionen jetzt, verlieren wir wichtige Zeit bei der so notwendigen Transformation unseres Gesundheitswesens.
Doch eine Akte ist nur so gut wie ihre Daten. Daher ist es wichtig, dass alle relevanten Patienteninformationen schnell in die ePA kommen, etwa Blutzuckerwerte oder Medikationspläne. Nur so bietet sie – natürlich unter Berücksichtigung höchster Sicherheitsstandards – einen echten Mehrwert für Patienten und Leistungserbringer.
EU-Ratspräsidentschaft: Verhaltenskodex für die Datennutzung schaffen
Wenn Deutschland am 1. Juli 2020 für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernimmt, können wichtige Weichen gestellt werden. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit wird die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Gesundheit und Pflege unter dem Leitthema „Digitalisierung/Big Data/Künstliche Intelligenz“ stehen. Welch eine Chance für uns in Deutschland und Europa!
Eine klare europäische Idee zum Umgang mit Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken fehlt bislang. Wir müssen die Ratspräsidentschaft sinnvoll nutzen, um einen „Code of Conduct“ für eine einheitliche und praktikable Regelung zur Nutzung von Daten zu entwickeln. So kann es uns gelingen, gegenüber den internationalen Tech-Konzernen wettbewerbsfähig zu bleiben und ihnen auf europäischer Ebene in Sachen Forschung und Versorgung mit guten Ideen und hohem Datenschutz die Stirn zu bieten.
Fazit: 2020 wird die digitale Transformation des Gesundheitswesens voranbringen
Ich blicke positiv ins neue Jahr. Wir sind auf dem richtigen Kurs, um unser Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen. In den letzten Monaten wurden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um wichtige Meilensteine bei der Digitalisierung zu erreichen und uns dem Ziel einer modernen und sektorenübergreifenden vernetzten Versorgung näher zu bringen.
Erreicht haben wir das Ziel aber noch lange nicht. Bremsen wir unsere Ambitionen jetzt, verlieren wir wichtige Zeit bei der so notwendigen Transformation unseres Gesundheitswesens – und setzen den internationalen Anschluss sowie unsere Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der Versorgung der Menschen aufs Spiel.
*Dieser Artikel ist eine adaptierte Version des bereits erschienenen Namensbeitrags von Dr. Jens Baas im Schütze-Brief – Gesundheitspolitischer Info-Dienst (Ausgabe 100-2019)