Und auf einmal war Corona da. Von heute auf morgen wurden Schulen und Kitas geschlossen. In vielen Betrieben wurden quasi aus dem Stegreif mobile Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Das hat die Beziehungen innerhalb von Familien neu geprägt. Und hat die mitunter schwierige Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben in ein neues Licht gerückt.
Diese Zeit – wir sprechen nunmehr immerhin von mehreren Monaten(!) – hat vieles offen gelegt, was vorher auch schon nicht richtig funktioniert hat. Es fiel bis dahin nur nicht so auf.
Digitale Medien nehmen im Familienalltag eine neue Rolle ein: Weg vom reinen Konsumgut werden sie zum praktischen Mittel, Stichwort Homeschooling und Home Office. Aber Achtung: Beides gleich gleichzeitig geht nicht, egal wie sehr wir uns anstrengen.
Die Corona-Zeit hat unser Verständnis von Medien-Erleben durcheinander gewürfelt. Das ist Chance und Risiko zugleich.
Seit 2017 arbeiten wir im Bundesmodellvorhaben DigiKids mit Kindern im Kindergartenalter daran, Digitalkompetenz zu erwerben und digitale Medien dialogisch und chancenorientiert zu erleben, anstatt sie nur zu konsumieren.
Seit der Corona-Krise haben Kinder – auch die jüngeren – verstärkt Zugang zu Bildschirmmedien. In vielen Fällen ist also zu vermuten, dass damit Zeit der Bildschirmpräsenz deutlich steigt.
Nur weil Kinder vermehrt Bildschirmmedien erleben, heißt das nicht, dass sie digitale Reize besser verarbeiten können
Wichtig an der Stelle sind verständliche und für alle (!) Mitglieder der digitalen Familie verbindliche Regeln und Absprachen. Dabei braucht es gar keine spezielle pädagogische Expertise.
Viel mehr hilft es, wenn sich die gesamte Familie als Team präsentiert und verbindliche digitale Räume und Zeiten, aber auch digitale Freiräume und Freizeiten abstimmt. Diese sollten für jedes Familienmitglied transparent sein. Wir Erwachsenen müssen dabei natürlich auch mitmachen. Ein guter Umgang mit Medien wird von unseren Kindern abgeschaut – und auch von anderen Erwachsenen. Wie in so vielen Bereichen erziehen wir also nicht durch Vorsagen, sondern durch Vormachen.
Dabei hilft eine wichtige Faustregel im familiären Corona-Alltag. Jeden Tag gibt es eine gemeinsame analoge Aktivität – und alle machen mit. Kein Smartphone, kein Aufräumen, kein Homeschooling, sondern wertvolle Qualitätszeit in der Familie. Punkt. Das kann ein gemeinsames Brettspiel sein, oder man schaut einfach nur gemeinsam aus dem Fenster und beobachtet Vögel.
Eltern sind in der Corona-Zeit gestresst. Das spüren auch die Kinder. Sogar sehr. Sie haben dafür ganz feine Antennen. Deswegen: spielen statt streiten! Das hilft. Immer.
Kinder brauchen oft weniger Regeln, als wir ihnen vorgeben.
Das mag nun trivial klingen. Aber vielleicht können wir Erwachsenen uns auch nur schwer auf die kindliche Wirklichkeit einlassen, in der – und jetzt Durchatmen – Kinder oft weniger Regeln brauchen als wir ihnen vorgeben.
Kinder sind intrinsisch dahingehend motiviert, kooperativ zu sein. Wenn wir diese Erkenntnis einmal sacken lassen – 3 … 2 … 1 … – dann eröffnet das ein ganz neues Verständnis von gemeinsamer Familienzeit. Erst recht während Corona gilt dann: mehr spielen, viel weniger streiten. Denn ein lautes Wort hat im besten Fall nur kurzfristig Erfolg. Die aktuelle Situation ist aus meiner Sicht prädestiniert dafür, die Kraft des Spiels wieder neu zu entdecken.