Gerade ist Ihr zweiter Bericht als TK-Beauftragter für Patientensicherheit erschienen. Welchen Stellenwert hat Patientensicherheit für die TK?
Patientensicherheit ist uns aus mehreren Gründen ein zentrales Anliegen. Zum einen wissen wir aus Befragungen wie dem TK-Monitor Patientensicherheit, wie wichtig unseren Versicherten das Thema ist. Bei der letzten Umfrage gab ein Viertel der Befragten an, in den vergangenen zehn Jahren einen Behandlungsfehler vermutet zu haben. Gleichzeitig sagten drei von vier Personen, dass sie als Patient aktiv mitwirken wollen, damit die Versorgung in Praxis oder Klinik sicher vonstattengeht. Diese hohe Bereitschaft möchte die TK nicht nur nutzen. Wir wollen die Patientinnen und Patienten auch in ihrer Rolle stärken und binden sie deshalb in unsere Aktivitäten zur Patientensicherheit ein, unterstützen Patientenprojekte und fördern außerdem die zentrale nationale Plattform – das Aktionsbündnis Patientensicherheit.
Was können wir als Krankenkasse von den Berichten der Patientinnen und Patienten lernen?
Zunächst möchte ich betonen, dass Patientensicherheit das Ziel verfolgt, die Versorgung sicherer und somit besser zu machen. Es geht nicht darum herauszufinden, wer einen Fehler gemacht hat, sondern darum, wie es zukünftig besser geht. Wir betrachten das gesamte System, um zu erfahren, was für eine möglichst fehlerfreie Versorgung zu tun ist. Die Patientinnen und Patienten bringen ihre Erfahrungen aus dem Behandlungsalltag in diesen Lernprozess ein und berichten aus erster Hand, wo ihnen der Schuh drückt. Damit aber nicht genug, denn wir als Krankenkasse bekommen so auch die Chance zu erfahren, was sich unsere Versicherten wünschen bzw. welche Verbesserungsmöglichkeiten sie sehen. Das ist eine Win-Win-Situation: Patientinnen und Patienten beteiligen sich an den Präventionslösungen und wir stärken gleichzeitig ihre Position gegenüber allen Beteiligten.
Wie nutzen wir dieses Wissen genau? Wo konnten Erfahrungsberichte von Versicherten bereits zu konkreten Verbesserungen führen?
Seit Beginn der Coronapandemie gibt es ein CIRS-Angebot zu COVID-19, ein „Critical Incident Reporting System“, wo Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen kritische Ereignisse und Beinah-Schäden melden können. Über ein TK-Projekt können seit August 2020 auch TK-Versicherte ihre Behandlungserfahrungen mit COVID-19 berichten – nicht nur kritische sondern auch gute. Regelmäßig analysiert ein Expertenteam die eingereichten Meldungen und bereitet sie auf. Mittlerweile gibt es unter anderem Versicherten-Tipps zu Masken und Augenschutz, Antikörpertests oder Demenz und Corona. Damit schaffen wir mehr Sicherheit im Behandlungs- und Besucheralltag. Ein weiteres Beispiel ist das TK-Innovationsfondsprojekt Share to Care, das derzeit am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein läuft. Es widmet sich „Shared Decision Making“ (SDM) – einer partizipativen Form des Arzt-Patienten-Gesprächs, um die gemeinsame Entscheidungsfindung zu verbessern. Aktuell sind wir in Verhandlung über den weiteren Projektverlauf, aber auch hierbei geht es darum, die Patientensicherheit zu stärken.
2020 lag der Schwerpunkt Ihrer Arbeit darauf, die Versicherten systematisch an den Aktivitäten zur Patientensicherheit zu beteiligen. Was steht 2021 ganz oben auf Ihrer Liste?
Der TK-Bericht ist weniger ein Tätigkeits- als ein Jahresbericht, in dem wir Aspekte unserer Arbeit detaillierter beleuchten. Oder anders gesagt, wir werden uns auch 2021 wieder dafür engagieren, die TK-Versicherten an unseren Aktivitäten zu beteiligen. Das ist eine Zielsetzung, die wir kontinuierlich verfolgen. Darüber hinaus legen wir 2021 einen Fokus auf die Ökonomie der Patientensicherheit. Es geht darum, nicht an der Patientensicherheit zu sparen, sondern mit ihr zu sparen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass vermeintlich kleine und einfache Interventionen einen großen positiven Effekt auf die Patientensicherheit haben. Dafür werden wir sensibilisieren.