Wann und warum ist eine Auffrischungsimpfung notwendig?
Jede Coronaimpfung löst eine Immunantwort aus, bei der sowohl Antikörper als auch Abwehrzellen gebildet werden. Studien haben aber ergeben, dass sechs Monate nach der zweiten Impfung der Spiegel der Antikörper so weit abgefallen ist, dass der Schutz vor der Infektion nicht mehr ausreichend ist. Dieser Abfall tritt umso eher ein, je weniger leistungsfähig das Immunsystem ist: Bei Älteren und Menschen mit einem geschwächten Abwehrsystem möglicherweise schon nach wenigen Wochen.
Der Schutz vor einem schweren Verlauf ist in den meisten Fällen aber immer noch gegeben, denn das Immunsystem hat eine „permanente schnelle Eingreiftruppe“ durch sogenannte „Erinnerungszellen“ (memory cells) gebildet. Diese Zellen vermehren sich im Infektionsfall schnell und führen zur Bildung coronaspezifischer Antikörper und T-Zellen. Der Körper hat die Immunantwort also nicht komplett vergessen: Auch wenn die Infektion nicht mehr sicher verhindert werden kann, baut das Immunsystem nach der Impfung durch die schnelle Immunantwort einen wirksamen Schutz auf. Geimpfte können aber dennoch Überträger werden.
Daher ist es sinnvoll, das Immunsystem – in der Regel sechs Monate nach kompletter Impfung (im Einzelfall auch früher) – erneut anzustoßen und die „schnelle Eingreiftruppe“ der memory-cells durch eine dritte Impfung zu aktivieren. Die gute Nachricht: Mit diesem Anstoß, dem Booster, erreichen Jüngere wie Ältere, einen noch höheren Antikörperspiegel, und damit sowohl einen guten Schutz vor Infektion und Verbreitung des Virus, als auch einen sehr guten Schutz vor schwerem Verlauf. Diese Boosterung ist damit eher als Komplettierung der Basisimpfung einzuordnen im Gegensatz zu einer Auffrischungsimpfung, die bei anderen Impfungen in der Regel viel später erfolgt.
Welcher Impfstoff wird für die dritte Impfung empfohlen und warum?
Einen ausreichenden Booster-Effekt haben Studien sowohl für den Impfstoff von BioNTech als auch für den der Firma Moderna nachgewiesen. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) für den Booster ausschließlich die mRNA-Vakzine dieser beiden Hersteller und zwar ganz unabhängig von der Art des bisherigen Impfstoffs. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Nach Grundimmunisierung mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson ist der Impfschutz noch nicht ausreichend. In diesen Fällen sollte bereits ab vier Wochen nach der Einmalimpfung zunächst eine erste Dosis mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe gegeben werden. Die Boosterung sollte dann ebenfalls nach sechs Monaten erfolgen.
Folgen nach der dritten auch die vierte und fünfte Impfung?
Von zahlreichen klassischen Impfungen ist bekannt, dass ein 3-fach-Impfschema einen langanhaltenden und wirksamen Immunschutz aufbaut. Ob dies auch für die Coronaimpfung gelten wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Hier bleibt abzuwarten, ob in Zukunft angepasste Impfstoffe notwendig werden, die zum Beispiel auf die Delta- oder die Omikronvariante oder mögliche neue Coronavirusvarianten zugeschnitten sind.
Jeder Booster nach einer Impfung stimuliert das Immunsystem und verbessert den Schutz vor einer Infektion. Gleiches gilt für jeden Viruskontakt nach einer Impfung. So könnte ein – in der erwarteten, endemischen Situation mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stattfindender – Viruskontakt bei jedem Geimpften als Booster wirken, die Immunabwehr stärken und eventuell weitere Impfungen überflüssig machen.
Aber keine Sorge: Ein „Überimpfen“ gibt es nicht. Generell gilt: Nicht notwendige Impfungen sollten unterbleiben, denn jede Impfung hat auch ein, meist geringes, Nebenwirkungsrisiko. Im Falle einer möglichen Coronavirusinfektion schadet „eine Impfung zu viel“ dem Immunsystem aber nicht.
Die STIKO hat die Impfempfehlung für Menschen unter 30 Jahren angepasst. Welchen Hintergrund hat diese Entscheidung?
Richtig, für Menschen unter 30 Jahren wird von der STIKO eine Impfung mit dem Wirkstoff von BioNTech empfohlen. Vorausgegangen waren Meldungen einer Myo- bzw. Perikarditis, also einer Herzmuskel- oder Herzbeutel-Entzündung als Nebenwirkung einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff.
Mehr als 92 Millionen Impfdosen von BioNTech und Moderna sind laut Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bis Ende September in Deutschland verimpft worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind insgesamt 1243 Verdachtsmeldungen einer Myo- bzw. Perikarditis berichtet worden. Dabei lag die Melderate für Myo- und Perikarditis bei Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie bei jungen Männern unter 30 Jahren am höchsten: Sie betrug bezogen auf 100.000 Impfungen bei unter 30-Jährigen für den BioNTech-Impfstoff etwa fünf Fälle und für den von Moderna etwa elf Fälle. Diese geringe Differenz war Anlass zur Empfehlung, nur noch BioNTech in dieser Altersgruppe zu verimpfen.
Ich möchte noch hinzufügen, dass bei den bisher gemeldeten Verdachtsfällen bisher keine bleibenden Schäden festgestellt werden konnten. Die häufigsten Symptome waren Brustschmerzen, Fieber und Krankheitsgefühl. In den meisten Fällen verschwand die Entzündung ohne Klinikaufenthalt innerhalb von zwei Wochen. Auch bei Patientinnen und Patienten mit bestehenden Herzkrankheiten konnte kein vermehrtes Auftreten einer Myo- bzw. Perikarditis nach einer Coronaimpfung festgestellt werden.