Apps auf Rezept sollen die ärztliche Behandlung ergänzen und den Patientinnen und Patienten bei der Heilung oder dem Umgang mit ihrer Erkrankung helfen. 57 solche Anwendungen finden sich aktuell im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Ärztinnen und Ärzte können diese vom BfArM zugelassenen Anwendungen verschreiben, die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Auch wenn das jetzt schon seit mehr als drei Jahren möglich ist, wirklich angekommen sind die DiGA in der Versorgung noch nicht, wie der neue DiGA-Report zeigt. Bis Ende 2023 wurden 106.000 DiGA-Freischaltcodes von TK-Versicherten eingelöst.
Wer nutzt DiGA?
Werfen wir einen genaueren Blick auf die 69.453 Versicherten, die bis Ende 2023 verordnete DiGA genutzt haben: Das Durchschnittsalter der Nutzerinnen und Nutzer lag zuletzt bei 45 Jahren. Dabei spielt aber sicherlich eine Rolle, dass junge Menschen in der Regel weniger in ärztlicher Behandlung sind als ältere. Die meisten verschriebenen Apps richten sich an Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Die Apps werden immer teurer
Ein Schlüsselergebnis des DiGA-Reports: Seit 2020 sind die Herstellerpreise für Gesundheits-Apps um 50 Prozent gestiegen und haben eine Preisspirale nach oben in Gang gesetzt. Aber was ist eigentlich der Herstellerpreis? Im ersten Jahr nach der Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis können die Hersteller frei festlegen, wie viel Geld sie erhalten, wenn ihre App verordnet wird. 2020 lag dieser Herstellerpreis noch bei durchschnittlich 418 Euro. Im letzten Jahr waren es schon 628 Euro – eine Steigerung um 50 Prozent in nur drei Jahren. Die teuerste DiGA, eine Anwendung bei Multipler Sklerose, liegt sogar bei 2.077 Euro.
Nach dem ersten Jahr muss dann verhandelt werden: Der Hersteller einer Anwendung und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) einigen sich auf einen Preis, der den Nutzen der App möglichst widerspiegeln soll. Können sie sich nicht einigen, legt die DiGA-Schiedsstelle den Preis fest. Da Hersteller diese Abschläge in den späteren Verhandlungen mit der GKV bereits in ihre Preise mit einkalkulieren, setzen die Einstiegspreise immer höher an.
Zu Beginn gibt es oft noch keinen Wirknachweis
Im ersten Jahr können DiGA vorläufig zugelassen werden, ohne dass sie ihren therapeutischen Nutzen nachweisen müssen. Dieses schnellere „Fast-Track-Verfahren“ zur Zulassung nutzen inzwischen 80 Prozent der DiGA-Anbieter. Eigentlich muss nach Ablauf des Probejahres der Nutzen nachgewiesen werden. Gelingt dies nicht, werden die Anwendungen aus dem DiGA-Verzeichnis gestrichen. In den letzten Jahren wurde aber immer häufiger eine zusätzliche Ausnahmeregelung genutzt, die die Erprobungsphase verlängert und den Herstellern mehr Zeit zum Vorlegen eines Nutzennachweises ermöglicht. Zwei von drei App-Anbietern haben diese Verlängerung genutzt.
Der Report zeigt, dass es bisher sechs Anwendungen nicht gelungen ist, ihren Nutzen während der Erprobungsphase nachzuweisen – obwohl fünf davon die verlängerte Erprobungsphase genutzt haben. Durchschnittlich waren sie 528 Tage lang im DiGA-Verzeichnis gelistet und wurden so – trotz des fehlenden Nutzennachweises – von den Krankenkassen finanziert.
Fazit: ungenutztes Potenzial, aber auch problematische Entwicklungen
Um tatsächlich im Versorgungsalltag anzukommen, braucht es mehr Informationen zu den Möglichkeiten der DiGA für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Ärztinnen und Ärzten. Bis jetzt nutzt nur ein kleiner Teil diese Anwendungen, dabei können sie die medizinische Versorgung ergänzen und einen echten Mehrwert in der Behandlung bieten.
Der zweite TK-DiGA-Report zeigt aber auch zwei negative Entwicklungen auf: Immer öfter werden DiGA vorläufig ohne einen nachgewiesenen Nutzen in die Versorgung aufgenommen. Die Erprobungsphase dieses beschleunigten Verfahrens wird zudem häufig verlängert, sodass die Anwendungen oft weit länger als zwölf Monate ohne belegten Nutzen finanziert werden. Gleichzeitig steigen die frei festgelegten Herstellerpreise immer stärker. Beides zusammengenommen führt dazu, dass Therapien ohne belegten Nutzen die Beitragszahlenden immer stärker finanziell belasten.
Alles zum 2. DiGA-Report
Der zweite DiGA-Report von der TK, dem Forschungsinstitut Vandage und der Universität Bielefeld ist auf dem Presseportal der TK abrufbar. Der erste TK-DiGA-Report erschien im Frühjahr 2022.